Bayern – Die Damennationalmannschaft hat die U19-WM auf Platz acht beendet, mit Emma Schröferl (bisher FC Stern München, künftig Red Devils Wernigerode) vertrat auch eine Bayerin die deutschen Farben im schwedischen Uppsala. Währenddessen widmet sich der Floorball Verband Bayern (FVB) dem nächsten Schritt im Bereich Nachwuchsleistungssport, der aber auch der Breite guttun will: Der U17-Landeskader Süd weiblich ist startklar. Christopher Budras, als FVB-Vorstandsmitglied verantwortlich für dieses Ressort, und Julian Rüger vom Sportdienstleister Junior Sports, der die Entwicklung begleitet, geben im Gespräch Einblicke.
Servus Ihr beiden! Als erste deutsche Region bringt der Süden, Bayern ist hier federführend, einen U17-Landeskader für die Damen an den Start. Was steckt dahinter?
Budras: “In Deutschland geht die Entwicklung des Damen Floorball nur sehr zäh voran, wenn man es optimistisch ausdrückt. In Süddeutschland, also Bayern und Baden-Württemberg, existiert 2021/22 nur eine Kleinfeld-Liga mit drei Teams. Einen Juniorinnenspielbetrieb gibt es in Baden-Württemberg gar nicht, in Bayern bilden drei Teams die U17-Kleinfeld-Liga. Auch in den anderen Regionen in Deutschland sieht es nicht besser aus. Spielerinnen, die zur Sichtung der U19-Nationalmannschaft kommen, haben teilweise noch nie auf dem Großfeld gespielt. Eine U17-Natio der Damen gibt es nicht, auch die Damen Bundesliga ist noch relativ dünn besetzt.”
Rüger: “Für unsere ambitionierten Mädels heißt das: Übergang von einem Junioren-Kleinfeld-Team direkt in die U19-Nationalmannschaft. Und das ist eine große Hürde.”
Angesichts dieser Vorzeichen: Trotzdem soll nun der U17-Landeskader Süd für Damen kommen?
Budras: “Nicht trotzdem – sondern genau deshalb.”
Rüger: “Die Juniorinnen in Bayern und Baden-Württemberg finden eine Ausbildungssituation vor, die alles andere als optimal ist. Das Ziel ist es, ihnen spannende Perspektiven aufzuzeigen. Dazu gehört die Nationalmannschaft. Um die Mädels hierfür vorzubereiten, wollen wir sie möglichst früh aufs Großfeld bringen. Mit dem Landeskader U17 sollen die süddeutschen Juniorinnen über mindestens zwei Jahre in Trainingslagern und Wettkämpfen für die Nationalmannschaft fit gemacht werden.”
„Wir wollen spannende Perspektiven aufzeigen und fit für die Nationalmannschaft machen.“
Was passiert während dieser zwei Jahre?
Rüger: “Grundsätzlich werden pro Kampagne, also über zwei Saisons, zirka zwölf Zusammenzüge angepeilt: acht Trainingslager, vier Wettkämpfe. Jede Spielerin, die den Landeskader durchläuft, absolviert somit dieses Programm, bevor sie gegebenenfalls zur U19- Nationalmannschafts-Sichtung empfohlen wird.
Budras: “Los geht es mit einem Sichtungslager vom 15. bis 17. Oktober in München, aus dem sich ein Kader mit etwa 28 Feldspielerinnen und vier Torhüterinnen der Jahrgänge 2005/06/07 ergeben soll. Deren Ziel ist – da hat Corona den Zeitplan etwas durcheinander gewirbelt – die Vorbereitung auf die Nationalmannschaftssichtung im Sommer 2022 und die U19-WM 2024.”
Wer wird die Mädels betreuen?
Budras: “Der Staff steht. Head-Coach ist Katrin Kivirand, Spielerin des UHC Laupen in der Schweiz und estnische Nationalspielerin sowie Trainerin der U17-Juniorinnen der Wizards Bern-Burgdorf. Assistenztrainer ist Andreas Kappler, der diesen Posten auch bei der Damen Nationalmannschaft bekleidet und somit eine ideale Verbindung darstellt. Außerdem Margrit Wagner, früher Rüst, ehemalige Spielerin und Trainerin des FC Stern München und nun Spielerin und Juniorentrainerin beim UHC Waldkirch-St.Gallen in der Schweiz. Felix Wantikow, der sich bereits bei den Juniorennationalmannschaften der Männer eingebracht hat, wird hospitieren. Speziell um die Goalies kümmert sich Barbara Brandmaier, Torfrau und Trainerin bei den Lumberjacks Rohrdorf. Teammanagerinnen sind Susan Auerswald vom FC Stern München und Jessica Beckert von den DJK Giants Karlsruhe Ost. Ich bin als FVB-Leistungssportkoordinator an Bord.”
Ihr hattet eingangs geschildert, dass die Spielbetriebssituation im Mädchen- und Damenfloorball in Süddeutschland noch einige Luft nach oben zeigt. Haben wir überhaupt genug Mädels, die Leben in diese neue Auswahl bringen?
Rüger: “Je nach Jahrgang kann die Zahl und Qualität der Spielerinnen schwanken. Wir erweitern den Kreis deshalb bewusst: Spielerinnen, die eigentlich zu alt sind, es jedoch noch nicht zur U19-Nationalmannschaft geschafft haben, sind deshalb ebenfalls eingeladen. Genauso talentierte Floorballerinnen, die eigentlich zu jung sind. Gegebenenfalls dürfen auch Mädels aus anderen deutschen Regionen oder aus internationalen Partnervereinen dazustoßen.”
Budras: “Klar ist auf jeden Fall: Das Zutun und die Empfehlungen der Vereinsverantwortlichen sind ein ganz wichtiger Baustein. Entscheidend ist außerdem, die Kosten für unsere Spielerinnen so gering zu halten, dass niemand aus finanziellen Gründen absagen muss. Eines der wichtigsten Anliegen ist die finanzielle Entlastung der Athletinnen.”
Wie wird das erreicht?
Budras: “Bei den Trainingslagern werden die Übernachtungen und das Frühstück übernommen, für Wettkampfreisen gibt es einen Fördertopf, über den auch die Anreise bezuschusst wird. Für das Jahr 2021 wurden 15.000€ genehmigt. Wie es in den kommenden Jahren aussieht, da sind wir künftig von den Rahmenbedingungen abhängig, die uns als FVB gegeben sind.”
Ihr hattet das Thema Wettkämpfe angesprochen: Mit wem werden sich die süddeutschen Mädels messen? Bei den U17-Jungs gibt es eine sogenannte Trophy, bei der die deutschen Regionalauswahlen aufeinandertreffen.
Rüger: “Floorball Berlin-Brandenburg plant eine weibliche U17-Auswahl. Wann das realisierbar ist, ist aber unklar. Die anderen Regionen sind noch nicht so weit. Österreich würde ein gemeinsames Turnier begrüßen und ggf. ein verjüngtes U19-Nationalteam entsenden. Als ersten Schritt wollen wir im Dezember eine Turnierreise in die Schweiz unternehmen.”
Budras: “Langfristig ist das Ziel, in Zusammenarbeit mit den anderen Landesverbänden und Floorball Deutschland eine U17-Trophy aufzubauen. Das könnte in rund fünf Jahren soweit sein. Bis dahin wollen wir Turniere in Eigenorganisation austragen, vielleicht kann man das Team für große Turniere wie die Prague Games anmelden. Außerdem sollen zyklisch Spiele oder Testspielwochenende mit dem UHC Laupen ausgetragen werden. Unsere Trainerin Katrin Kivirand kennt sich dort ja bestens aus und wir streben eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Verein an.”
Rüger: “Wir wollen ein enges Netzwerk aufbauen, in dem wir den anderen Verbänden unsere gemachten Erfahrungen weitergeben und darauf hinarbeiten, eine Trophy zu organisieren und den Juniorinnenfloorball im allgemeinen zu fördern.”
Zeitplan für Saison 2021/22:
15.-17. Oktober: Sichtungslager (München)
20./21. November: Testspieltour in die Schweiz
04.-06. Februar: Trainingslager
22.-24. April: Trainingslager
10.-12. Juni: Turnier in Bayern
Ausblick Saison 22/23:
September: Trainingslager